Der Klimawandel ist eine der aktuell größten globalen Herausforderungen. Um die Erderwärmung aufzuhalten, ist ein konsequentes Handeln der Politik entscheidend. Das jedoch fehlt oftmals. So war beispielsweise die Bundesregierung bis Ende letzten Jahres mit ihrem für 2020 gesetzten Klimaziel von minus 40 Prozent deutlich in Verzug – wobei Deutschland sein gestecktes Ziel durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft doch noch einhalten könnte. Weitere Gesetzesvorhaben wurden nach langwierigen Diskussionen gestartet. Im Oktober 2019 beschloss die Bundesregierung ein Klimaschutzprogramm, das vorsieht, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent (z. B. durch die Einführung einer CO2-Bepreisung) zu reduzieren. Und die Europäische Union folgte im November 2019 mit dem „Green Deal“, der darauf abzielt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Auch wenn die richtigen Weichen mittlerweile gestellt wurden: Es ist fraglich, ob diese mit ihren Maßnahmen und langfristigen Zielsetzungen genug Tempo aufnehmen. Und daher ist ein freiwilliger, individueller Klimaschutz aus unserer Sicht zwingend notwendig. Hier lässt sich schneller mehr erreichen, als seitens der Politik vorgegeben wird. Jan Niewodniczanski, Geschäftsführer Technik und Umwelt sowie Vertreter der siebten Familiengeneration, erklärt, wie das Familienunternehmen es schaffen wird, an allen Brauerei-Standorten bereits ab Ende 2020 klimaneutral zu produzieren.

Jan Niewodniczanski Geschäftsführer Technik und Umwelt der Bitburger Braugruppe

Klimaneutralität an unseren Standorten ist ein freiwilliges Ziel der Bitburger Braugruppe, das wir uns im Rahmen der Initiative ‚ZNU goes Zero‘ des Zentrums für Nachhaltige Unternehmensführung der Universität Witten/Herdecke (ZNU) gesetzt haben. Auf unserem Weg dorthin legen wir unseren Fokus auf die Nutzung von Grünstrom sowie die Vermeidung und Verminderung unseres CO2-Ausstoßes“, erklärt Geschäftsführer Jan Niewodniczanski. Beispielsweise arbeitet die Bitburger Braugruppe kontinuierlich daran, ihr Energiemanagement zu optimieren. Bis Ende 2020 hat sie sich hier zum Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß im Zeitraum 2013 bis 2020 um 20 Prozent zu senken. „Mitte 2020 lagen wir bereits bei 19 Prozent, so dass das Ziel Ende das Jahres sicher eingehalten werden kann“, ergänzt Niewodniczanski. Insgesamt hat die Braugruppe ihren CO2-Ausstoß durch Primärenergieträger seit 2008 bereits um 61,5 Prozent reduziert. Dazu beigetragen hat u. a. auch die energetische Optimierung der brauereieigenen Kläranlage in Lich. Darüber hinaus wurde die Stromeffizienz gesteigert, so dass in der Kläranlage wesentlich mehr Strom produziert als verbraucht wird. In der König-Brauerei in Duisburg steht aktuell ein weiterer wichtiger Schritt an, um noch klimafreundlicher zu wirtschaften. „Hier ist es unser Ziel, die derzeitige, emissionsintensive Verbrennung von Kohlenstaub einzustellen und den Prozess energetisch durch die Nutzung industrieller Abwärme zu substituieren. Dazu möchten wir mit dem benachbarten Standort der thyssenkrupp Steel Europe AG kooperieren und planen, die König-Brauerei mittels einer Fernwärmeleitung an das Wärmeverbundsystem von Deutschlands größtem Stahlhersteller anzuschließen“, so Niewodniczanski.

Die Initiative „Bitburger Braugruppe goes Zero“ im Überblick:

Früher klimaneutral als geplant

„Inzwischen sind wir mit unseren Bemühungen, unseren CO2-Fußabdruck zu verbessern, so weit vorangeschritten, dass wir unser gesetztes Ziel, bis Ende 2022 an allen unseren Standorten klimaneutral zu produzieren, zwei Jahre früher als ursprünglich geplant erreichen werden. Damit wären wir die erste klimaneutrale Braugruppe Deutschlands“, verdeutlicht Niewodniczanski.

Ziel bis Ende 2022

Alle Standorte der Braugruppe sind CO2-neutral.

Ziel erreicht

Die Bitburger Braugruppe stellt ab Ende 2020 als erste Brauereigruppe Deutschlands ihr Produktportfolio an allen Brauerei-Standorten klimaneutral her.

Da es aber nach heutigem Stand nicht möglich ist, aus eigenen Kräften vollständig klimaneutral zu werden, muss die Bitburger Braugruppe die wirklich unvermeidlichen Emissionen kompensieren – beispielsweise mit Baumpflanzungen, da der Wald beim Klimaschutz eine bedeutende Rolle spielt. „Es ist wichtig zu wissen, dass wir die Klimaneutralstellung freiwillig leisten und dies vollkommen unabhängig vom marktüblichen Erwerb von Zertifikaten tun. Wir engagieren uns hier aus Überzeugung und unserem Selbstverständnis als Familienunternehmen heraus und nicht, um beispielsweise künftige CO2-Steuerbelastungen aufzufangen oder abzumindern“, erläutert Niewodniczanski und fährt fort: „Beim Thema Kompensation hat uns der ganzheitliche Ansatz der deutschen Stiftung Plant-for-the-Planet überzeugt. Mit ihr haben wir vorerst einen Zehnjahresvertrag abgeschlossen. Bis zum Vertragsende 2027 wird die Stiftung für uns geschätzt 850.000 Bäume pflanzen. Bis einschließlich 2019 wurden bereits über 104.000 Bäume gesetzt, die im Laufe ihrer Lebenszeit ca. 52.000 Tonnen CO2 kompensieren. Und zum Ende des Jahres 2020 werden wir je nach CO2-Ausstoß voraussichtlich weitere 105.000 Bäume sponsern, die dann 52.933 Tonnen an Emissionen kompensieren werden. Ein Baumzähler zeigt den aktuellen Stand der im Auftrag der Braugruppe gepflanzten Bäume.“

Die genaue Zahl der zu pflanzenden Bäume kann grundsätzlich erst zu Beginn eines neuen Jahres rückwirkend festgelegt werden, da zuerst die tatsächlichen Emissionen für das vergangene Jahr berechnet werden müssen. Die Aufforstung wird von Plant-for-the-Planet in jährlichen Pflanzberichten dokumentiert und die CO2-Bindung von der Crowther Lab der ETH Zürich bestätigt.

Ausblick

Die Ende 2020 erreichte Klimaneutralität der Braugruppen-Standorte ist bereits eine große Anstrengung, deren Umsetzung sich ausschließlich in eigener Hand befindet und der eigenen Kontrolle unterliegt. Beim Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette ergibt sich ein anderes Bild. Eine eigene Kontrolle ist hier aufgrund der sehr komplexen gesamten Wertschöpfungskette von Brauereien (Stichwort Rohstoffe) nicht seriös durchführbar. „Wir sind überzeugt, dass es diese Komplexität zum jetzigen Zeitpunkt nicht verlässlich ermöglicht, den genauen Foodprint insbesondere im Bereich Rohstoffe zu errechnen (Scope 3) und dann entsprechend zu kompensieren. Wir erweitern allerdings aktuell den internen, produktionsrelevanten Scope 1 und 2 um die im Scope 3 befindlichen Fuhrpark-(Treibstoffe) und Reisekosten unserer Mitarbeiter und beschäftigen uns intensiv mit für die CO2-Bilanz relevanten Projekten in der extern betriebenen Lieferkette“, so Niewodniczanski abschließend.